Alle Preisträger*innen der internationalen Wettbewerbe
Internationaler Wettbewerb Expanded Media
JURY: Dagmar Schürrer, Arne Vogelgesang & Nataša Vukajlović
- EXPANDED MEDIA
- Jurybegründung: In "Landscapes in Zurich" lädt Tsz Hei Fung in Alltagsszenen der Züricher Stadtlandschaft ein. In sechs statischen Wide Shots taucht Tsz Hei als ein Körper von vielen auf und verschwindet wieder: an der Tramstation, vor dem Amtshaus, im Park, im Riesenrad. In jeder neuen Panoramaaufnahme suchen wir als Betrachtende nach Tsz Hei, der in der Menge nicht mehr als “Anderer” in der weißen Mehrheitsgesellschaft zu erkennen ist. Dabei hören wir, was Tsz Hei hörte, während er ins Bild kam und es wieder verließ. Ein Katalog der einzelnen Bilder macht diese Züricher Stationen ebenso als Orte einer einzelnen Biografie kenntlich wie als exemplarische Teile einer Stadtlandschaft der Vielen. Ergänzt wird diese Arbeit durch eine szenische Installation der Selbstbefragung, die “Landscapes in Zurich” zu Expanded Media im besten Sinn macht.
Landscapes of Zurich’s Spiel mit dem Auftauchen und Verschwinden in der städtischen Umgebung eröffnet Fragen nach Identität und Zugehörigkeit und fragt, was es bedeutet, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren - wovon es abhängt, wer darüber entscheidet, was es dabei zu wünschen, zu gewinnen und zu verlieren gibt. Der mediale und politische Diskurs rund um Integration ist von Fremdzuschreibungen und Behauptungen des Eigenen, von Fragen der Sichtbarkeit und von Zahlen bestimmt.
Wir haben uns für "Landscapes of Zurich" entschieden, weil Tsz Hei Fung es schafft, Zugehörigkeit sowie damit einhergehende soziale und politische Fragen anders zu stellen: auf eine poetische, sanfte und zugängliche Weise, die sehr persönliche Impulse für eine weite Spanne von Erfahrungen mit Fremdheit und den Raum zwischen Wünschen nach Sicht- oder Unsichtbarkeit öffnet.
- Jurybegründung: Collagierte Videoprojektionen, 360°-Dokumentation, 3D-Pointcloud, Interviews in einem schwarzen Garderobenspiegel, der Betrachtenden immer wieder auch das eigene Bild vor Augen führt: Giulia Brusco fächert eine große Bandbreite visueller Techniken auf, um ihren Gegenstand in Szene zu setzen. Diese Bandbreite und die scheinbare Mühelosigkeit so diverser visueller Darstellungsmittel steht in Spannung zum Gegenstand ihrer Arbeit “Grosse”: der mühevollen, jahrzehntelangen Arbeit italienischer Bodybuilderinnen an der Gestaltung ihres eigenen Körpers als Medium. “Grosse” verhandelt die Selbst- und Fremdwahrnehmungen weiblicher Körper in einer nach wie vor von binären Stereotypen bestimmten Welt. Bruscos Protagonistinnen stellen Fragen danach, wer die Macht und das Recht hat, darüber zu urteilen, welche Eigenschaften als “weiblich” gelten und was Stärke bedeutet. Mit allen Widersprüchen und Risiken eröffnet Giulia Brusco mit "Grosse" so einen Raum, um geschlechtliche Körpernormen zu diskutieren und sich davon zu lösen.
- Jurybegründung: “Rage is a form of storytelling”, beginnt eine von Pedro Gosslers unzuverlässigen Erzählerstimmen ihre politische Weltdeutungsreise. Sie führt uns von den inszenierten Kämpfen des American Wrestling und Blumenarrangements auf den langen Tischen der Weltpolitik in reale Kriegsgebiete virtuell lukrativer Worlds of Warcraft. Sie fliegt mit Drohnen als den Engeln einer neuen Zeit. Sie spürt den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Verstehens einer Gegenwart der Gleichzeitigkeiten in Clubtoiletten, fiktiven Newsshows und der seriellen Formathaftigkeit von Videoessays nach, von denen “Fanfictional Politics” selbst eines ist. Selbst die überzeugendste politische Analyse dieser Konfusion, legt Gosslers 3-Kanal-Videoinstallation nahe, ist vielleicht nicht mehr als eine irgendwie künstlerische Investmentempfehlung für Wutkapital von Fans für Fans und zuckt mit den Schultern: “Inventing a new world and forcing it into being is what we do best. [...] Time to log off.”
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Der Preis der Jury für Expanded Media (1.500 Euro) geht an Tsz Hei Fung für seine Videoinstallation LANDSCAPES IN ZURICH
- LOBENDE ERWÄHNUNG
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Eine Lobende Erwähnung geht an Giulia Brusco für ihre Videoinstallation GROSSE
- LOBENDE ERWÄHNUNG
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Eine zweite Lobende Erwähnung geht an Pedro Gossler für seine 3-Kanal-Videoinstallation FANFICTIONAL POLITICS
Internationaler Kurzfilmwettbewerb
JURY: Duc-Thi Bui, Nina Friemann & Hanna Szczepkowska
- NORMAN 2025
- Jurybegründung: »Déjà Nu« von Rolf Hellat, Laetitia Ky, Sylvia Ouattara und zahlreichen anderen Persönlichkeiten lässt uns in eine Vielschichtigkeit eintauchen und schafft dabei ein einzigartiges audiovisuell-poetisches Erlebnis, das weit über traditionelle Erzählformen hinausgeht. Die Protagonist*innen nehmen selbstbewusst und selbstbestimmt ihren Raum ein und öffnen sich gleichzeitig für den Blick des Publikums, der keinen Anlass hat zu werten. Vielmehr wird der Blick erweitert, indem tiefgehende Emotionen und die Endlichkeit unseres Seins in einer sinnlichen Form erfahrbar gemacht werden. Der Film ist ein experimentelles Zusammenspiel des Kollektiven, das sich zum Schluss in einem Wimpernschlag als farbiges Kaleidoskop zeigt, welches uns ab nun auf die Reise zum eigenen Leben begleiten wird. So hört die Erfahrung mit dem Film nicht auf. Wir werden Teil eines Größeren, das uns alle verbindet. Unser Körper atmet gemeinsam eine Luft aus Poesie, Musik und Bildern. Und wenn wir diese Luft fühlen, spüren wir die existenziellen Fragen zu Leben, Vergänglichkeit und Natur.
- Jurybegründung: »De Imperio« von Alessandro Novelli, ist beängstigend aktuell und löst sich gleichzeitig von irdischen Dimensionen. Wir befinden uns in einem animierten Kosmos, wo Zeit und Raum scheinbar anderen Regeln folgen, doch die Wesen darin handeln nach Prinzipien, die uns sehr vertraut sind. Es gibt Riesen, und es gibt die Nicht-Riesen. Die Riesen haben Macht, und die Nicht-Riesen nicht. Aber wir erkennen auch, dass die Riesen nur durch die Nicht-Riesen existieren können. Alessandro Novelli lässt uns erkennen, dass wir als Nicht-Riesen nur vergessen haben, wie stark wir sind, wenn wir uns zusammentun, also im Sinne des Filmemachers uns stapeln, verkeilen, andocken und vor allem gegenseitig ergänzen. Gerade angesichts der aktuellen politischen Weltlage sehen wir den Film mit seiner kontrastreichen Bildsprache in Schwarz-Weiß und der durchdachten Symbolik als eine kraftvolle und künstlerisch anspruchsvolle Auseinandersetzung mit Machtverhältnissen unserer Zeit. Er stellt die Macht einzelner Herrschender der Stärke einer solidarischen Gemeinschaft gegenüber und vermittelt so auf beeindruckende Weise gesellschaftspolitische Themen.
- Jurybegründung: "Aus der Ferne" behandelt die Beziehung einer Tochter zu ihrem Vater und umgekehrt. Dazwischen liegt eine Kluft unterschiedlicher Erfahrungen und eigenen Wünschen. Der Dokumentarfilm gibt beiden Protagonist*innen ihren Raum, um sich frei voneinander auszudrücken. Und macht am Ende den Versuch, beide in einen gemeinsamen Raum zu bringen. Dieses filmische Zulassen, mit dem Wissen als Filmemacher*innen Teil der Konstellation zu sein, ist die große Stärke des Films, die sich auch im Ansatz des Projektes zeigt. Co-Regisseur Benjamin Hujawa holte bewusst Hoàng Quỳnh Nguyễn als Co-Regisseurin hinzu, als das Thema von Vietdeutschen an ihn herangetragen wurde. Erst so schafft der Film mit großer Sensibilität und einem reflektierten Blick, das Privileg der Deutungshoheit zu hinterfragen. Hier wurde Teamwork angestrebt, um einen Film stärker zu machen, ohne dass es „scheinbar“ erforderlich war. Hinzu kommt, dass durch die enge Beziehung der Regisseurin zu den Protagonist*innen ein wertschätzender, dokumentarischer Blick sichergestellt werden konnte. – Familiäre Traumata, Generationenkonflikte und die Suche nach Identität werden miteinander verwoben, ohne dabei einfache Antworten zu liefern.
- Jurybegründung: Alkis Papastathopoulos erzählt in »Honeymoon« auf authentische Weise die Bedeutung von Solidarität und Verbundenheit in schwierigen Zeiten. Die emotionale Geschichte zweier Frauen, die sich gegenseitig unterstützen und in ihrer Freundschaft Halt finden, ist zutiefst bewegend. Der Film überzeugt durch die Nähe zu den Figuren und seine glaubwürdige Darstellung einer starken, gleichberechtigten Bindung, die den Herausforderungen standhält. Besonders beeindruckte uns, wie die Protagonistinnen selbst definieren, was das Konzept eines „Honeymoons“ für sie bedeutet – ein Versprechen, einander bedingungslos zu unterstützen. Die narrative Tiefe und die emotionale Kraft des Films machen ihn zu einem berührenden Werk über eine besondere Art von „Teamwork“, die wir auch manchmal „Freundschaft“ nennen, oder in ganz besonderen Fällen auch „Liebe“.
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Der Norman 2025 (4.000 Euro gestiftet von der Landeshauptstadt Stuttgart) geht an DÉJÀ NU von Rolf Hellat
- LOBENDE ERWÄHNUNG
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Eine Lobende Erwähnung geht an DE IMPERIO von Alessandro Novelli
- TEAM-WORK-AWARD
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Der Team-Work-Award (2.000 Euro gestiftet von Ritter Sport) geht an AUS DER FERNE von Hoàng Quỳnh Nguyễn, Benjamin Hujawa
- LOBENDE ERWÄHNUNG
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Eine Lobende Erwähnung geht an HONEYMOON von Alkis Papastathopoulos
- WAND 5 EHRENPREIS
- JURY: Die Auswahlkommission Film von Wand 5
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Der Wand 5 Ehrenpreis geht an LA TRAMPA von Ferney Iyokina Gittoma
2 Minuten Kurzfilmpreis
JURY: Esther Fehn, Sylke Gottlebe & Louis Wick
- 2 MINUTEN KURZFILMPREIS
- Jurybegründung: Getarnt als Was-wäre-wenn-Szenario überbrückt Peter Vadocz mehr als 150 Jahre in Josef Stalins Geburtsort Gori in Georgien und setzt sich für Demokratie und Menschenwürde ein. Er entlarvt einen wesentlichen Teil der Tragödie des 20. Jahrhunderts, die mit den ständigen Versuchen Russlands, den Frieden und die Unabhängigkeit anderer Länder zu stören, bis in die Gegenwart andauert.
Die gewundenen Straßen in den Bergen sind eine fantastische Metapher für das, was hätte sein können, und die Landschaft um die Stadt herum wird schließlich zu etwas viel Größerem und Umfassenderem (KEINE SPOILER).
Eine unglaubliche Vielzahl von Erzählebenen - in etwas mehr als 90 Sekunden. Herzlichen Glückwunsch! - Jurybegründung: Es ist heutzutage schon schwer, sich zu konzentrieren - noch schwerer ist es für Menschen, die an ADHS leiden.
Franziskus Bries beweist dies eindrucksvoll, indem er uns schlichtweg einen Text über die Krankheit zeigt und uns permanent Videos, Gameplays und Motion Graphics um die Ohren/Augen haut.
In diesem wahrhaft kreativen und wichtigen Statement folgt die Form tatsächlich der Funktion („Form follows function“!).
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Der 2 Minuten Kurzfilmpreis (1.500 Euro) geht an THE BIGGEST MISTAKE OF COMRADE STALIN von Peter Vadocz
- LOBENDE ERWÄHNUNG
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Eine Lobende Erwähnung geht an A D H S SHORT von Franziskus Bries
Buggles Award - Landesmusikvideopreis Baden-Württemberg
JURY: Franz-Erdmann Meyer-Herder, Nicole Rebmann & Sebastian Selig
- BUGGLES AWARD 2025
- Jurybegründung: Jon Darc und Alejandro Spano nehmen uns in "Blessing" mit ins Innerste. Ein KI-generiertes bionisches Double von Johannes Frick wird in Fesseln gelegt und der Gnade marmorner Engel ausgeliefert, die es mit der Gleichgültigkeit einer Sphinx behandeln. Doch dann öffnet sich ein Mund und lädt uns ein, dabei zu sein, wie uns ein Künstler eine Wahrheit über sich mitteilt. Die Poesie von "Blessing" ist wirklich raffinierter Schweinkram, kinky und unverschämt im besten Sinne. Jon Darc lädt uns aber genau wie in seinen Texten im Musikvideo ein, der Erfüllung von konkreten, schambehafteten Sehnsüchten und Fantasien den Nimbus des Erhabenen zu lassen. Der eigene Körper wird in der Verdoppelung zwischen dem Verstörenden der computergenerierten Animation voller bewusst gesetzter digitaler Glitches und Seltsamkeiten und der hyperrealistischen Mermaid-Fantasie von Johannes Fricks Drag-Character den Festlegungen einer konventionellen Blickregie und einer konservativen Sexualmoral entzogen. Alejandro Spano und Jon Darc machen so viel mehr als einen Songtext zu bebildern. Sie liefern ein Statement für ein queeres Selbstverständnis, das sich nicht in die Unsichtbarkeit oder Ununterscheidbarkeit verbannen lässt. "Blessing" konfrontiert uns mit der Wahrheit - und lädt uns zum Träumen ein.
- Jurybegründung: In "Headbanging" nimmt Florian Siegert den Titel wörtlich und beeindruckt uns mit der konsequenten Umsetzung einer klaren Idee. Das Musikvideo vereint Bewegung, Sound und Bild zu einer perfekt abgestimmten Performance. Eine sich drehende Kamera, Szenen, die vorwärts und rückwärts abgespielt werden und der präzise Schnitt macht uns ebenso schwindelig wie die geschüttelten Haare selbst. Das Video spielt gekonnt mit Wiederholungen und Rhythmus, zieht uns hinein und lässt uns die Energie der Tanzform körperlich spüren. Die urbane Kulisse wird zur Bühne, Stuttgart wird uns in einem neuen Licht gezeigt. Die Ekstase eines Moments wird kollektiviert und wir sind eingeladen, uns dieser Bewegung hinzugeben. Oder, wie es der Song selbst so treffend sagt: "I Shake My Head Again, I Shake My Head as Fast as I Can."
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Der Buggles Award 2025 (1.000 Euro gestiftet vom Pop-Büro Region Stuttgart) geht an BLESSING (von Johannes Frick) von Alejandro Spano und Johannes Frick/Jon Darc
- LOBENDE ERWÄHNUNG
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Eine Lobende Erwähnung geht an HEADBANGING (von Levin Goes Lightly) von Florian Siegert
- ONLINE-PUBLIKUMSPREIS
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Der Online-Publikumspreis (500 Euro gestiftet vom Pop-Büro Region Stuttgart) geht an The Grand NEEVE Hotel (von NEEVE) von Felix Seyboth, Marius Spohrer, Ekaterina Gradoboeva